In einem ersten Rundgang erläuterten die Teilnehmenden die Orte,
die sie ausgewählt hatten. Als Startpunkt wurde ein zentraler Platz
im historischen Teil Neu-Isenburgs ausgewählt. Es wurden Ideen gesammelt, wie die Spieler/-innen durch den Parcours geführt werden
sollen. Dabei wurden schon einige Ideen zu Aufgaben- und Fragestellungen gesammelt. Nach dem Rundgang wurden die Ideen im Team
besprochen und die, die weiterentwickelt werden sollten, ausgewählt.
Die Teilnehmenden recherchierten anschließend die entsprechenden
Informationen und dachten sich Aufgaben und Fragen aus, die in die
App integriert werden sollten.
Eine große Herausforderung war überraschenderweise, Informationen über ein Denkmal an einem zentralen Ort der Stadt zu bekommen. Die Teilnehmenden fragten in der Halle, vor dem das Denkmal
steht, nach dem Sinn und dem „Erbauer“. Keiner hatte entsprechen-
de Informationen. Sie wurden auf die Stadtbücherei verwiesen, in
der es „sicher“ Material dazu gäbe. Nach 90 Minuten Recherche in
der Stadtbücherei, wo sich trotz einer unterstützenden Mitarbeiterin leider auch kein Material oder Wissen über das Denkmal fand,
wurde den Teilnehmenden in Aussicht gestellt, dass am nächsten Tag
jemand da sei, der etwas wissen könne. So war es dann auch und die
Teilnehmenden konnten die so gewonnenen Informationen, die sie
durch eine Internetrecherche vertieften, auch gleich in die Schnitzeljagd einbauen.
Herausforderungen für das Team und die Teilnehmenden
Neben der Auswahl der App bestand die größte Herausforderung
für das Team darin, die Teilnehmenden bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Wir arbeiteten dabei mit einzelnen Metaplankarten, die
je nach Diskussionsstand verschoben werden konnten. So entwickelte sich der Parcours im Laufe der Zeit zu spielbaren Bounds. Manchmal erschien den Teilnehmenden der Weg von einem Ort zum nächsten zu langweilig, so dass sie sich Zwischenaufgaben ausdachten.
Diese brachten weitere kreative Momente in das Projekt. Beispielsweise wurde die Strecke von A nach B (450 m) etwas spannender
gestaltet, indem die zukünftigen Spieler/-innen die Hausnummer
eines Gebäudes in der Straße finden müssen. Als Hinweis bauten
die Teilnehmenden ein Stromhäuschen, das sie sich dafür ausgesucht
und vorher fotografiert hatten, mit dem Computerspiel „Minecraft“
nach und integrierten es in die App. Pikanterweise war es das wohl
schäbigste Gebäude in der Straße.
Die Antworten auf die beiden Fragen „Was sind denn für mich wichtige Orte?“ und „Welche Orte möchte ich fremden Menschen in der Stadt zeigen?“ waren für die Jugendlichen häufig nicht eindeutig zu
beantworten. Ein „versiffter“ Bahnhofstunnel beispielsweise ist zwar
ein Ort, für den sich die Teilnehmenden eine Verschönerung wünschen, zu dem sie aber niemanden schicken wollten, da er „außerhalb“ der Parcoursgrenzen liegt. Den Teilnehmenden gelang es, sich
nach Diskussionen immer wieder aufs Neue zu einigen, nachdem sie
Vor- und Nachteile abgewogen hatten. Es wurden nur einstimmig beschlossene Orte in die Schnitzeljagd aufgenommen.
Am schwierigsten war für die Jugendlichen der Perspektivwechsel.
Der Parcours musste so angelegt werden, dass eine ortsfremde Person
auch in der Lage ist, ihn durchspielen zu können. Hier war ein großes
Maß an Empathie nötig, was ein wenig Übung verlangte.
Das fertige Spielkonzept (Bound) und der Praxistest
Wie dargestellt, kristallisierten sich mittels assoziativem Erzählen –
„Welche Orte in Neu-Isenburg sind für euch wichtig?“ „Welche Orte
findet ihr super, welche findet ihr grausam?“ – eine Reihe von Orten
heraus, die in die Stadtrallye aufgenommen werden sollten. Zudem
war es den Teilnehmenden wichtig, dass diejenigen, die den Bound
zukünftig lösen, auch einen Einblick in die Geschichte von Neu-Isenburg erhalten und sie auf Kuriositäten hingewiesen werden, die die
Jugendlichen beschäftigen. Da war z. B. ein Kinderspielgerät, „Das
Gerät“ genannt, mit dem niemand etwas anfangen konnte, da war
der irritierende Gedenkstein hinter der Turnhalle oder der Stier vor
der Hugenottenhalle. Es wurden Jahres-Abfragen eingebaut. Zudem
wurde die Route mit Hilfe einer an die Wand projizierten Google-Map für Menschen zu Fuß optimiert.
Der erste Praxistest erfolgte mit einem Redakteur der örtlichen Tageszeitung. Er spielte mit unterstützender Erklärung durch die Teilnehmenden und das Team die Schnitzeljagd, so dass anschließend noch
letzte Korrekturen vorgenommen werden konnten, bevor der Erste
Stadtrat eingeladen wurde, den Bound durchzuspielen. Mit ihm wurden dann auch die Themen angesprochen, die sich im Laufe der Woche
herauskristallisiert hatten, wie z. B. das Spielgerät in der Fußgängerzone, das von den Kindern nicht angenommen wird. Wer aber hat entschieden, dass es dort aufgestellt wurde? Wie viel Geld hat das gekostet? Oder: Warum weiß denn kaum jemand, von wem das Denkmal ist?
Andererseits wollte der Erste Stadtrat wissen, warum sie gerade das
hässliche Stromhäuschen ausgesucht hätten, es gäbe doch in der Straße
so viele schöne Häuser! Die Antwort war wenig überraschend: „Genau
deshalb! – Es ist hässlich und da sollte etwas gemacht werden!“
Fazit
Die Überlegung, eine App für eine Sozialraumerkundung zu nutzen
und dabei die wesentlichen Aneignungsschritte den Teilnehmenden
selber zu überlassen, führte zu einem beachtlichen Ergebnis. Spielerisch setzten sich die Teilnehmenden mit ihrer Sicht auf den Sozialraum
auseinander, benannten positiv und negativ bewertete Orte und gaben den Verantwortlichen der Stadt über die Aufgabenreihe und deren
Erläuterung auch eine Rückmeldung. Die Auswertung des Workshops
zeigte, dass die Teilnehmenden durch die Möglichkeit der Nutzung der
eigenen Smartphones motiviert wurden, sich thematisch mit dem Sozialraum auseinanderzusetzen. Alle hatten riesigen Spaß dabei.
Mit der Absicht, einen Hinweis auf den Bound auf der Homepage der
Stadt Neu-Isenburg zu platzieren, überraschte der Erste Stadtrat nach
dem Rundgang Teilnehmende und Team.
Wir empfehlen auch den zweiten Teil von Dorothee Petersen: "Mit dem Smartphone auf den Spuren der Stadt: Eine Handy-App zur historisch-politischen
Jugendbildung"